Unterricht der Visitatoren

Ein Handbuch für Reformatoren - Der Unterricht der Visitatoren (UdV) von 1528

Als im März 1528 der „Unterricht der Visitatoren“ in Wittenberg erschienen war, lag damit ein Handbuch zur Einführung der Reformation vor. Obrigkeiten, Verwaltungsbeamte und Geistliche konnten sich nun informieren, wie die neue Kirche aussehen sollte, die in Kursachsen durch eine Reformation angestrebt wurde. Kurfürst Johann von Sachsen sorgte dafür, dass Philipp Melanchthon gemeinsam mit Verwaltungsjuristen diesen Text verfasste, der  von Martin Luther und weiteren Geistlichen redigiert wurde. Der „Unterricht der Visitatoren“ ist ein so komplexes Buch, dass sich Wissenschaftler verschiedener Disziplinen damit in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt an der Friedrich-Schiller-Universität auseinandersetzen. Auf der Grundlage neu erschlossener Quellen konnte der Entstehungsprozess dieses für die Wittenberger Reformation zentralen Textes nun differenziert dargestellt werden. Bisher ist die Verfasserfrage nicht eindeutig beantwortet worden: Entweder wird Philipp Melanchthon als Verfasser genannt oder die Rolle Martin Luthers wird herausgehoben, der wesentliche Teile ergänzt habe. Offensichtlich gab es aber weitere Mitarbeiter, die ihre konkreten Erfahrungen aus den Visitationen zwischen 1525 und 1527 in den endgültigen Text einfließen ließen und so besondere Akzente aus der Praxis setzten. Das Projekt will die Entstehungsgeschichte, die Bedeutung und die Wirkungsgeschichte dieses normativen Gruppentextes der Wittenberger Theologen, kursächsischen Räte, Verwaltungsbeamten und Juristen im 16. Jahrhundert in Form eines ausführlichen Kommentars darstellen.

Die Ergebnisse der Archiv- und Bibliotheksrecherchen werden im Rahmen des “Reformationsportals Mitteldeutschland“  einem breiten Interessentenkreis zur Verfügung gestellt. Einerseits geht es darum, alle Druckausgaben des Jahres 1528 digital zu präsentieren, andererseits werden für die Entstehung des „Unterrichts der Visitatoren“ wichtige Schlüsseldokumente  (UdV-Entwürfe, Visitationsinstruktionen, Briefe, Rechnungen, Niederschriften) zur Benutzung in einem virtuellen Lesesaal bereitgestellt. Die Präsentation wurde dank der Unterstützung durch Bibliotheken und Archive möglich, die im Provenienzvermerk  ausgewiesen sind.

Literaturhinweise zum Projekt:

Joachim Bauer: Landesherrschaft und Reformation: die ersten Visitationen im Saale-Orla-Raum. In: Werner Greiling, Ronny Schwalbe (Hrsg.): Der Altar von Lucas Cranach d. Ä. in Neustadt an der Orla und die Kirchenverhältnisse im Zeitalter der Reformation. Köln u.a. 2014, S. 219-232.

Ders.: Die „Weimarer Reformation“ unter Johann dem Beständigen und ihre Bedeutung für die reformatorische und gesellschaftliche Neuordnung in Kursachsen. In: Christopher Spehr, Michael Haspel, Wolfgang Holler (Hrsg.): Weimar und die Reformation. Luthers Obrigkeitslehre und ihre Wirkungen. Leipzig 2016, S. 59-82.

Ders.: Die Bedeutung der kursächsischen Visitationen zwischen 1525 und 1531 für die Neuordnung des evangelischen Kirchenwesens. In: Dagmar Blaha, Christopher Spehr (Hrsg.): Reformation vor Ort. Zum Quellenwert von Visitationsprotokollen. Leipzig 2016, S. 57-72.

Ders., Dagmar Blaha: Herzog Johann und die „Weimarer Reformation“. In: Siegrid Westphal, Hans Werner Hahn, Georg Schmidt (Hrsg.): Die Welt der Ernestiner. Ein Lesebuch. Köln u.a. 2016, S. 32-38.

Ders.: Kursächsische Bemühungen um »Ordnung und Reformation«. Anmerkungen zur Entstehungsgeschichte des »Unterrichts der Visitatoren« von 1528. In: Joachim Bauer, Stefan Michel (Hrsg.): Der »Unterricht der Visitatoren« und die Durchsetzung der Reformation in Kursachsen (=Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie, hrsg. von Irene Dingel, Armin Kohnle und Udo Sträter, Band 29), S. 51-74 (im Druck).

Dagmar Blaha: Die Struktur des Weimarer Hofes unter Herzog Johann von Sachsen. In: Christopher Spehr, Michael Haspel, Wolfgang Holler (Hrsg.): Weimar und die Reformation. Luthers Obrigkeitslehre und ihre Wirkungen. Leipzig 2016, S. 44-58.

Dies.: Die Entwicklung der Visitationen als Mittel zur Durchsetzung der Kirchenreformation in Kursachsen. In: Werner Greiling, Gerhard Müller, Uwe Schirmer, Helmut G. Walther (Hrsg.): Die Ernestiner. Politik, Kultur und gesellschaftlicher Wandel. Köln u.a. 2016, S. 123-144.

Dies.: Weltliche Visitatoren Zur Rolle landesherrlicher Amtsträger bei den ersten Visitationen in Kursachsen nach 1525. In: Joachim Bauer, Stefan Michel (Hrsg.): Der »Unterricht der Visitatoren« und die Durchsetzung der Reformation in Kursachsen (=Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie, hrsg. von Irene Dingel, Armin Kohnle und Udo Sträter, Band 29), S. 74-90  (im Druck).

Stefan Michel: Der „Unterricht der Visitatoren“ (1528) – die erste Kirchenordnung der von Wittenberg ausgehenden Reformation? In: Irene Dingel, Armin Kohnle (Hrsg.): Gute Ordnung. Ordnungsmodelle und Ordnungsvorstellungen in der Reformationszeit. Leipzig 2014, S. 153-168.

Ders.: Eine kursächsische Klostervisitation aus dem Jahre 1526. In: Dagmar Blaha, Christopher Spehr (Hrsg.): Reformation vor Ort. Zum Quellenwert von Visitationsprotokollen. Leipzig 2016, S. 107-119.

Ders.: Johann von Sachsen (1468–1532). In: Susan Richter, Armin Kohnle (Hrsg.): Herrschaft und Glaubenswechsel. Die Fürstenreformation im Reich und Europa in 28Biographien. Heidelberg 2016, S. 47-62.

Ders.: Wer zählt zu den »Wittenberger Theologen« um 1525? Historische und historiographische Beobachtungen. In: Joachim Bauer, Stefan Michel (Hrsg.): Der »Unterricht der Visitatoren« und die Durchsetzung der Reformation in Kursachsen (=Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie, hrsg. von Irene Dingel, Armin Kohnle und Udo Sträter, Band 29), S. 91-108  (im Druck).